Ein alter Mann lag sterbend im Bett. Rochelnd lag er da und fuhlte den Tod nahen. Da drang plotzlich ein himmlischer Duft in seine Nase. Ein kleiner Funke im hintersten Teil seines schwindenden Bewusstseins signalisierte: "Deine Lieblingsplatzchen! Anisplatzchen!"
Er mobilisierte seine verbliebenen Energien und wuchtete sich schwer atmend aus dem Bett. Sich an der Wand des Schlafzimmers abstutzend schlurfte er schnuppernd aus dem Zimmer. Muhsam hangelte er sich am Treppengelander Stufe um Stufe nach unten ins Erdgeschoss. Am Ende seiner Krafte angelangt, lehnte er schlie?lich im Turrahmen und blickte in die Kuche.
Hatte er nicht gewusst, dass er sterben wurde, hatte er geglaubt, schon im Himmel zu sein. Fein sauberlich auf Backpapier ausgelegt lagen Dutzende seiner geliebten Anisplatzchen auf dem Kuchentisch. War er nicht doch schon im Himmel? Oder war es ein letzter Liebesbeweis seiner Frau, mit der er seit uber 60 Jahren verheiratet war?
Mit einer allerletzter Anstrengung lie? er sich gegen den Tisch fallen und sank auf die Knie. Seine sproden Lippen teilten sich in freudiger Erwartung. Leicht sabbernd fuhlte er schon den wunderbaren Geschmack der Platzchen auf der Zunge. Seine alte, runzelige Hand zitterte sich muhsam einem Platzchen am Rande des Tisches entgegen.
Plotzlich klatschte ein Kochloffel auf seine Finger. "Finger weg", keifte seine Frau, "die sind fur die Beerdigung!"
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